Besuch beim Zimmermann

So, endlich wieder mal Zeit für einen Eintrag! Längst fällig: Die Zusammenfassung des Besuchs beim Zimmermann, der nun auch schon wieder einige Wochen zurückliegt!

Die Webseite der Zimmerei Schnider & Co.
Die Webseite der Zimmerei Schnider & Co.

Besuch beim Zimmermann

 

Am 8. April, also ziemlich genau vor einem Monat, hatte ich endlich die Gelegenheit, einen Zimmermann zu treffen und mir so ziemlich alle Fragen beantworten zu lassen, die mir auf der Zunge brannten! Denn irgendwann stösst man mit dem Modellbau einfach an Grenzen, wenn man nicht mal weiss, welche Grösse die Pfosten haben müssen, ohne dass die Konstruktion in sich zusammenfällt.

 

Mein Vorgehen

 

Dies war ja schon das dritte "Expertengespräch" über mein Tiny House, von daher hielt sich meine Nervosität in Grenzen. Über die Holzkonstruktion hatte ich mir ausserdem schon 1000 Gedanken gemacht und fühlte mich vorbereitet. Mein übliches Dossier mit all meinen Fragen hatte ich dabei, dazu selbstverständlich noch 10 Screenshots von einem (ungenauen) Modell aus Sketchup, von dem ich mir erhoffte, dass es ungefähr zeigen würde, was ich mir vorstellte.

 

Das Gespräch

 

Die Firma, die ich mir herausgesucht hatte, ist ebenfalls nahe meines Elternhauses stationiert - wie praktisch. Ich fange definitiv an, es wertzuschätzen, dass es auf dem Land so viele handwerkliche Geschäfte gibt... :-) Sprechen konnte ich dann mit Reto, der sehr nett und hilfsbereit war und sich - unglaublich - 1.5 Stunden Zeit für mein Anliegen nahm. Natürlich habe ich ihn mehrmals darauf hingewiesen, dass ich schon ziemlich lange da war, aber es war Freitag und offenbar hatte er nicht mehr allzu viel zu tun... Hoffe ich zumindest.

Ich fand es toll, dass Reto wirklich auf jede Frage, die ich hatte, eine Antwort wusste und mir aus dem Stegreif (normal für alle Zimmermänner, ziemlich cool für mich) alle Standardgrössen von jeglichen Holzpfosten und -platten nennen konnte. Auch eine detaillierte Skizze zum Dachbau konnte ich am Schluss nach Hause nehmen. Teilweise tricky war es, mit ihm über Bauteile zu sprechen, deren Namen ich nur auf Englisch kannte oder zu kennen meinte. Deshalb (und auch einfach so) unten zuerst mal eine Tabelle mit Erklärungen und Übersetzungen. Nach dem Besuch wirklich um Einiges schlauer und konnte mittlerweile auch ernsthaft millimetergenau planen!

 

Neue Begriffe / Namen [wird mal noch benutzerfreundlicher gemacht]

 

·        Konterlatten (längs Dachlatten)

 

·        Unterdachfolie (schwarze Folie da)

 

·        Überplattung (bei den Dachlatten je die Hälfte wegfräsen, damit's zusammenpasst)

 

·        Fenstersturz (header)

 

·        Ständer (studs)

 

·        Dachsparren (Dachbalken)

 

·        Balkenschuhe (Metallteilers, die Morrison unten an seine Loftbalken macht)

 

·        Windpapier (House wrap)

 

·        Weichfaserplatte / Multifunktionsplatte (auf Dach)

 

·        Dampfbremse (Vapor barrier)

 

·        Verlegeplatte (= geschliffene OSB-Platte mit Nut und Kamm)

 

·        Stoss (wo zwei Platten zusammenstossen; idealerweise auf Ständer)

 

·        Hinterlüftung (Luftzirkulation hinter einer Fassade oder unter Dach)

 

·        Klammer (so ein zweinagliges Ding)

 

 

Hier die Angaben zu Standardgrössen von Baumaterial:

 

Bauteil

Höhe/Länge

Breite

Tiefe/Stärke/Dicke

Dämmung

 

60cm

Anpassen

OSB-Platten roh

1.25m

5m / 2.5m (Hornbach)

1.5cm

Verlegeplatten

62.5cm

2.5m

1.5cm

Normale Pfosten

 

12cm*S / 10cm

6cm

Dachsparren

 

14cm (oder weniger)

6cm

Multifunktionsplatte

 

 

1.5cm

Weichfaserplatte

 

 

2.4cm

Loftbalken

 

6/8cm

8cm

Loftbalken-Stütze

 

6cm

6cm

Loftplatte (Mögl.)

 

 

42/45mm

Konterlatten

 

 

2.4cm

Dachlatten

 

 

2.4cm

 

*=Empfohlen von Zimmermann

 

S=Standard

 

--> Für die normalen Pfosten habe ich mich aber jetzt schon für 10x6cm statt 12x6cm entschieden. Aus dem einfachen Grund, dass sonst mehr Innenraum verlorengeht. Mein Haus hat schliesslich nicht fünf Stockwerke, das hält schon...

 

Fragen und Antworten:

 

  • Welches Nagelmuster, um OSB-Platten an Pfosten zu nageln/klammern?
    • Aussen an Rändern: Sicher alle 7.5cm
    • In der Mitte der Platte: Alle 7.5 cm oder etwas weniger
  • Wieviel Abstand zwischen zwei Pfosten würdest du empfehlen?
    • Entweder: 59cm, damit Isolation gut reinpasst (Standardbreite: 60cm). Das ist allerdings nur möglich, wenn ich Verlegeplatten statt OSB-Platten nehme, um die Wände zu sheathen. OSB-Verlegeplatten greifen ineinander und können eigentlich irgendwo zwischen den Pfosten landen.
    • Oder: Sich an Grösse der OSB-Platten halten, damit die Stösse auf den Pfosten landen.
  • Wie soll ich Fenster framen? (ACHTUNG: Komplett anders als US-Style; Skizze folgt noch...)
    • Es ist nicht nötig, Trimmer Studs zu machen
      • Querbalken machen, anschrauben, fertig
    • Es ist auch nicht unbedingt nötig, dass der Header breiter ist als der untere Balken
    • Obendrauf brauchts auch keine Trimmer Studs, Kraft geht auf äussere Balken
  • Was eignet sich, um die Wandpfosten zu einer Wand zusammenzuschrauben?
    • Empfehlung: Schrauben statt nageln (ich bin unsicher, ob ich das machen soll; Schrauben sind weniger flexibel als Nägel und wenn das mobile Tiny House auf der Strasse herumrumpelt, möchte ich nicht, dass die festen Schrauben das Holz sprengen...)
      • Vorteil: Einfacher handzuhaben, stabiler
      • Nachteil: Evtl. etwas teuer, lohnt sich aber
  • Was für Möglichkeiten gibt es, die Loft zu konstruieren?
    • Balkenstütze, drauf dann Querbalken
    • Balkenstütze, drauf dann Platte
    • Balkenstütze, drauf dann Balkenschuhe (à la Morrison)
    • Nicht empfohlen: Loftbalken IN die Wandkonstruktion reinzunehmen (à la Tiny Nest)
  • Sollten die Wände INNEN oder AUSSEN mit OSB-Platten verkleidet werden?
    • Innen. Das ist in der Schweiz normal so... und hält alles besser zusammen beim Fahren.
    • OSB-Platten sind ausserdem 'von Natur aus' diffusionsdicht. Wände sollten gegen den Innenraum möglichst diffusionsdicht sein und gegen aussen diffusionsoffen. Warum? Weil so Feuchtigkeit, die in die Wände gelangt oder sich den Wänden bildet, nach aussen getragen wird und in der Fassade und im Innenraum keine Probleme schafft. Daher darf das OSB nicht aussen an den Wänden sein, es würde Feuchtigkeit sonst nicht rauslassen und es bildet sich Schimmel in der Wand (= nicht gut).
  • Brandschutz: Sollte man kleine Querbalken in besonders hohe Wände einbauen, damit ein Feuer nicht so schnell steigt? (In den meisten US-Bauvorschriften ein Muss)
    • Nein, nicht nötig.
    • Nur beim Ofen: Kann sein, dass es vom Ofen Vorschriften gibt, wie nah die nächste OSB-Platte sein darf etc. Das steht auf dem Ofen, in der Anleitung oder der Ofenverkäufer sagt es.
  • Muss die Badezimmerwand tragend sein? Oder kann ich sie dünner machen als die Aussenwände? (= mehr Platz)
    • Die Badezimmerwand ist nicht tragend - ausser man wählt für die Loft die Variante "Platte". Eine Holzplatte muss in der Mitte irgendwo gestützt werden.
  • Tipp für den Elektriker:
    • Kabel immer auf warmer Seite in den Wänden verlegen: Die Rohre, in denen die Kabel verlegt sind, könnten sonst Kondenswasser enthalten und dann kommt auf einmal Wasser aus der Steckdose... (das sollten Elektriker zwar wissen, aber es schadet nicht, als Neuling ihren Arbeitsfortschritt mal auf diesen Fakt zu kontrollieren!;-))
    • Deshalb Steckdosen auch gut mit Dampfbremse abkleben.
  • Kann man OSB-Platten als Dampfbremse benutzen oder braucht es separate Dampfbremsfolie? (Morrison benutzt OSB-Platten als Dampfbremse [natürlich richtig verklebt] und spart sich so viel Arbeit...)
    • Reto hat etwas erwähnt von wegen, dass OSB-Platten so viel Leim enthalten, dass diese von selbst Dampf bremsen würden. Jedoch, soweit ich weiss, ist nicht jede OSB-Platte als Dampfbremse geeignet (Dicke, Material, ...). Im Internet finde ich nichts mehr dazu, deshalb werde ich hier nochmals nachfragen.
    • Rein von der Bauplanung her wäre es ungemein erleichternd, nicht extra eine Dampfbremsfolie installieren zu müssen...
  • Wie baue ich ein Gibeldach?
    • Laut Reto brauche ich keine lange Dachfirst-Latte (k.A. wie das heisst) zwischen den Sparren. Es wäre eh unmöglich, eine 7m lange Holzlatte aufzutreiben. Man kann die Sparren einfach aneinander verbinden:
      • Entweder etwas versetzt, dann die Spitzen ineinanderschrauben / -nageln
      • Oder Hälfte der Platten wegsägen, sodass Spitzen ineinanderpassen. Somit wären Sparren nicht versetzt (= Überplattung)
    • Mit Dachfirst-Latte kommt mir die Konstruktion aber sehr viel einfacher vor (schaut hier). Ich frage mich, ob ich es nicht so wie im Video machen kann und die Sparren dann einfacher zu befestigen wären...
  • Sonstiges zum Dach?
    • Wenn das Dach eine grosse Last trägt, werden die Wände aufgrund der physikalischen Kräfte auseinandergedrückt. Um eine zu grosse Belastung zu verhindern, empfiehlt es sich, entweder kleinere horizontale Verbindungen zwischen den Sparren zu installieren (die diese drückende Kraft verunmöglichen) oder unten zwischen den Wänden einen weiteren Dachbalken zu installieren (ähnlich wie Loftbalken). [Skizze folgt]

 

Hier noch allgemeines Wissen zum Dachaufbau: (Verschiedene Schichten von oben nach unten)

 

 

 

o   Gibel [Achtung Käfer etc.]

 

o   Trapezblech

 

o   Dachlatten Quer

 

o   Konterlatten längs

 

o   Roofing Paper

 

o   Weichfaserplatte / Multifunktionsplatte

 

o   Dachsparren (mit genau gleich dicker Isolation drin, die alles ausfüllt)

 

o   Dampfbremse (Folie), Übergänge mit speziellem Chläbi abgeklebt

 

o   Verlegeplatte / OSB-Platte (= Decke innen)

Warum dieser Aufbau?

  • Das ist wichtig, weil: Aussentemperatur tiefer als Innentemperatur, d.h. irgendwo im Dach wird Wasser kondensiert, Wasser bildet sich etc. und diese Feuchtigkeit muss raus.

Erklärungen zu einzelnen Teilen:

 

 

o   Gibel: Chämi für Luft und Feuchtigkeit, warme Luft steigt

 

o   Trapezbleche: Damit Chämi funktioniert, dürfen sie am höchsten Punkt nicht ganz zusammen sein

 

o   Dachlatten quer: Würde man nur die Längs-Konterlatten haben, würden die Trapezbleche sich dazwischen absenken; deren Stärke liegt längs und nicht quer

 

o   Konterlatten: Damit Luft von unten im Dach nach oben gehen kann; hätte man nur die queren Dachlatten, könnte die Luft das nicht machen

 

o   Roofing Paper: Falls Blech ein Loch hat, Schutz

 

o   Weichfaserplatte: = Dach

 

o   Dampfbremse: Sehr dampfdicht; Idee = alles gegen aussen wird es weniger dampfdicht, damit Feuchtigkeit in diese Richtung weggeht; Dampfbremse muss an jeder offenen Stelle (auch Steckdosen und Überlappungen) verklebt sein mit speziellem Dampfbremsenchläbi

 

o   Verlegeplatte: Decke des Hauses

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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